Autoritäre Erziehung vs. antiautoritäre Erziehung

Per Definition zeichnet sich die autoritäre Erziehung durch hohe Kontrolle aus. Strenge Eltern, viele Regeln und das Erziehungsmittel beruht auf Belohnung und Bestrafung. Die Eltern haben hohe Erwartungen an Ihre Kinder und bestimmen in großem Maße den Tagesablauf. Kein Platz für Emotionen, Mitgefühl oder Berücksichtigung persönlicher Bedürfnisse.

Sogar Jesper Juul sagt, die autoritäre Erziehung ist veraltet. Und das finde ich auch.

Erziehung: Regeln: ja. Konsequent sein: ja, aber… . Harte Bestrafung: nein. Disziplin: jein. Kontrolle: jein. Ich denke die Demokratische Erziehung ist die beste Erziehung. Die „beste Erziehung“ im Sinne von „der gute Mittelweg zwischen autoritär und antiautoritär“. Wie die Umsetzung aussieht und wie einfach oder schwer das alles funktioniert, steht auf einem anderen Blatt. Ich ändere auch oft meine Strategie oder Vorgehensweise. Wenn die eine Strategie oder Vorgehensweise nicht sonderlich gut funktioniert, muss ich eben umsteigen auf eine andere. Was bringt der beste Ratgeber, wenn ich Zuhause nur Ärger und Gebrüll habe. Das heißt aber nicht, dass ich ständig nachgebe. Im Gegenteil.

Immer wieder und in letzter Zeit sehr oft, begegnet mir genau dieses Thema. Mein 13-jähriger Stiefsohn befindet sich gerade auf der höchsten Stufe der Pubertät und in der tiefsten Phase seiner Selbstfindung; ganz zum Leid seiner Eltern. Aber das Wort Pubertät dürfte schon alles erklären. Mein 4-jähriger kommt immer wieder in eine Phase, in der ich als Mutter ganz extrem gefragt und gefordert bin und sehr darauf aufpassen muss, nicht in einen Hinterhalt zu gelangen und nicht in jede rumstehende Falle reinzutreten. Das ist mal sauviel Arbeit. Und hart. Und anstrengend. Aber ich würde sagen, ich bin gewappnet und an einem Punkt, an dem ich sagen kann, ich bin früh dran, oder „vorher“ oder genau da, wo ich noch die richtigen Entscheidungen treffen kann. Wach und auf der Hut. Aber nicht jeden Tag.

Mein 1,5-jähriger ist nicht viel besser. Nur jünger. Er probiert sich, testet und lernt. Er lernt wahnsinnig viel und schnell. Und er schaut sich sehr viel vom Midi ab. Aber auch hier bin ich gefragt und gefordert ihm zu zeigen, was er darf und was nicht. Auch er, als kleiner süßer Schatz, als kleines süßes Baby (er ist kein Baby mehr im klassischen Sinne, er kann laufen…. 😉 ) darf nicht alles.

Mein Midi hat mich nie ins Gesicht geschlagen oder gehauen, weder als Baby noch als Kleinkind. Mein Mini dagegen ist da anders. Kurz nicht hingeschaut, haut er einem die Fernbedienung über die Rübe… und man hats so sehr nicht kommen sehen. Er kloppt auch gerne auf dem Großen rum, nur um zu sehen was passiert. Das hat er aber erst mit der Zeit gelernt. So als Baby darf man ja erstmal persé alles, bzw. nehmen Mama und Papa das Meiste mit Humor, aber wehe der Midi machts… ohhjjee – Aber so langsam muss mein Liebster lernen, dass das so nun nicht mehr geht. An die Arbeit, Mama.

Ich hätte es nicht gedacht und irgendwie bin ich auch überrascht, obwohl es doch so absehbar war, aber oft muss ich meine zankenden Kinder auseinanderziehen. Sie spielen auch oft sehr schön und ich würde sagen, dass hat sich vor allem in den letzten Wochen verbessert, aber wenn da mal einer grad keine Lust hat, ist das Gebrüll groß.

Bei uns Zuhause gibt es nicht soo viele Regeln, aber ich erwarte einen respektvollen Umgang und was mich in den Wahnsinn treibt ist, wenn mein Midi wie ein wildgewordener Affe scheinbar nur das macht, was er nicht soll und sich sehr ungehalten aufführt. Auch die Wahl seiner Worte gehen manchmal für diese Verhältnisse unter die Gürtellinie.

Wir hatten das lange nicht mehr, da ich sehr an der Beziehung mit meinem Sohn arbeite. Wenn er sich so aufführt will er mir sagen „Mom, attention please!“  In dem Buch von Jesper Juul „4 Werte, die Eltern & Jugendliche durch die Pubertät tragen“ habe ich über Gleichwürdigkeit gelesen, dass alle Menschen, egal welchen Alters von gleicher Würde sind. Sprich ein Baby hat dieselbe Würde, wie ein Jugendlicher oder ein Erwachsener. Ich gleich panisch, What?! Aber nicht zu verwechseln mit Gleichheit. Ach so… Die Eltern müssen schon die Führungsrolle übernehmen. Ah gut. Gleichwürdig bedeutet, die Gefühle und Bedürfnisse unserer Kinder ernst zu nehmen, so wie unsere eigenen. Ich konnte mir das erst irgendwie schwer vorstellen; es ist so, wenn unsere Kinder sagen sie haben Hunger oder Durst, oder sie haben sich weh getan, dann kümmern wir uns. Zack… wir nehmen die Gefühle und Bedürfnisse unserer Kinder ernst. Und so soll es sein. Gleichwürdig.

Aber warum denn auch nicht? Warum kann ich denn nicht auf die Bedürfnisse meiner Kinder eingehen? Warum kann ich denn nicht meinen Sohn hin und wieder mitbestimmen lassen? Es sind kleine Entscheidungen, die bei den Kleinen Großes bewirken. Die großen Entscheidungen müssen sogar die Eltern treffen. Kinder können noch nicht mit so viel Verantwortung umgehen. Ist auch nicht vorgesehen. Sie lernen erst. Ich habe auch nichts gegen Mitreden. In bestimmtem Maße. Und ich habe nichts gegen Kompromisse. Die Krux an dem Ganzen ist ja, dass man sich selber auch an all diese Regeln und Vorgaben halten muss, die man weitergeben will….

Wenn Kinder zum Essen nicht umherlaufen sollen, Füße nicht auf den Tisch, gerade sitzen, zu Tisch kein Quatsch machen, nicht fluchen, bla bla bla, dann müssen sich Mama und Papa schon auch daran halten. Da merkt man mal, wieviel schlechte Angewohnheiten wir so haben.

Bei uns Zuhause darf man mit dem Hintern nicht auf dem Tisch sitzen, allein schon deswegen, weil die Kleinen runterfallen können; am Anfang sind sie ja noch klein, Sie lernen es im Babyalter und sollen es später auch so machen; also nicht auf dem Tisch sitzen. Als mein Midi 2 war, hatte ich ihn auf den Tisch gesetzt, damit ich ihm die Schuhe einfacher anziehen kann, wegen meinen Rückenschmerzen… huiii, da habe ich aber was zu hören bekommen: „Mama, man darf überhaupt nicht auf dem Tisch sitzen…“ da laust mich doch der Affe… so schauts aus.

Ja, nein, richtig, falsch? So oder so? ja wie soll ich es denn jetzt machen? Wie wird es erwartet? Eltern, Freunde, Schwiegereltern… alle wissen es besser, alle wissen ganz genau wie es richtig ist. Sogar mein Bruder weiß es. Der, der weit entfernt von Kindern ist und seit Jahren eine Beziehung nach der anderen hat. Ist ja auch nichts Schlimmes dran. Einer, der eine -so wie ich auch- sehr strenge Erziehung genossen hat. Der weiß es immer besser.

Ich würde sagen, einen Ratschlag von einer Mutter mit 2 bis 3 Kindern, die nicht gerade in der Welt der Hinterwäldler lebt, lass ich mir eingehen, aber jemand der keine Kinder hat, oder der Beste Spruch ever „ich hab schon auf viele Kinder aufgepasst“ also ich glaube solche Leute können keinen qualifizierten Ratschlag geben. Sie können es gar nicht wissen. Was ich alles weis, dachte ich mir, bevor ich Kinder hatte, haah… und dann… kamen die Kinder und haben meine Welt auf den Kopf gestellt. Über die Umsetzung von Regeln und Erziehung muss man sich als Mutter auch erstmal kurz Gedanken machen. Manchmal macht man sich auch einen zu großen Kopf über Dinge, die eigentlich ganz einfach zu lösen sind und da kann so ein Ratschlag manchmal ganz hilfreich sein. Von wem auch immer.

Die Liebe und die Angst, die man empfindet für und um sein eigenes Kind, ist in so großem Maße, wie es nur bei dem eigenen Kind ist. Und wenn du nicht gerade tatsächlich „schlechte Eltern“ bist, haut man seinem Kind nicht einfach eine runter, nur weil es grad nicht stillsitzen will, oder aus anderen -sogar verständlichen Gründen- grad nicht so funktioniert, wie man will. Wenn man sich das mal überlegt und genau hinschaut, erkennt man, dass es immer einen Grund für so ein Verhalten gibt. Müdigkeit… Reizüberflutung…. Oder wenn ein Kind aufgedreht ist, nach einer langen Autofahrt… am Ende ist der Schlüssel zu dem Ganzen: die Eltern.  Ein wenig Verständnis gegenüber den Kleinen wäre also nicht ganz verkehrt. Man könnte vielleicht auch mit ruhiger Stimme kommunizieren „Bitte nicht ganz so laut“.

Sogar Erwachsene führen sich unangemessen auf, wenn Sie Hunger haben oder müde sind oder sie sonst irgendwie unausgeglichen sind und nicht mal die haben das unter Kontrolle oder reißen sich zusammen. Ein Kind versteht im Zweifel gar nicht was überhaupt los ist, es ist quasi doppelt gestraft; einmal das unangenehme Gefühl der Unausgeglichenheit und dann bekommen Sie auch noch eins aufs Dach, weil sie den Eltern auf den Sack gehen, während sie versuchen dieses Gefühl zu kompensieren. In diesem Moment fühlt sich ein Kind unfair behandelt und so wird es ein zorniger Mensch werden.

Ich denke auch, dass es schlecht ist perfekt zu sein, mal abgesehen davon, dass das gar nicht geht. Und überhaupt nicht notwendig ist. Denn wer entscheidet im Zweier-Dialog zwischen Kind und Mutter was perfekt ist. Wichtig ist authentisch zu sein. Echt. Ich merke das sofort an meinem Sohn, bzw. merkt er es an mir und „reagiert“. Mein Spiegel. Und ich kapiere sofort, ok, so nicht.

Wenn ich z.b. gerade keine Lust habe, mit meinem Sohn fangen zu spielen, aber trotzdem mit ihm rausgehe und nur dastehe und eigentlich die Wäsche machen will, damit sie weg ist, weil sie auch schon 3 Tage rumliegt, dann zeigt mir mein Sohn das ganz schnell. Dann habe ich zwei Möglichkeiten: entweder ich mach´ die Wäsche und steh dazu und mache meinem Sohn liebevoll klar, dass ich jetzt schnell Wäsche machen muss, dafür aber später mit ihm spiele oder ich lass die Wäsche Wäsche sein und nehme mir Zeit für meinen Sohn und spiele fangen. Er möchte dass ich mir Zeit nehme und mit ihm spiele.

Meine Kinder gehen ganz besonders auf, wenn Sie ausprobieren dürfen. Wenn Sie beim backen, kochen und werkeln helfen dürfen. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihre Fertigkeit mit allem Möglichen. Mein Midi is ein Haptiker, der will alles anfassen. Jede Konsistenz; ob Teig, Mehl, Kaffeebohnen, Nutella, Matsch, Tiere, egal. Er will auch die Farbe der Creme sehen, die ich ihm auftrage, er will sie riechen und er will sie anfassen. Ich lasse das zu, in bestimmtem Rahmen und auch nicht jeden Tag. Aber ich lasse sie die Welt entdecken. Auch wenn das bedeutet, dass Kuchen backen 2 Stunden dauert oder Gartenarbeit den ganzen Nachmittag UND Sauerei Sauerei Sauerei. Wo sollen sie es denn lernen, wenn nicht von mir. Genau das ist doch mein Job.

Das hier ist kein Ratgeber oder die ultimative Lösung dafür, ob die autoritäre Erziehung oder die antiautoritäre Erziehung die Richtige ist; geschweige denn, die Erziehung, alles zwischen dem einen und dem anderen. Die Demokratische Erziehung hört sich gut an. Es ist nicht zu viel von den schlechten Methoden und nicht zu viel von den guten Methoden.

Viele sagen sogar, „ich will es ganz anders machen, als meine Eltern“. Das würde ich für mich so nicht sagen, aber es gibt eine kleine Liste von Dingen, die ich in der Tat anderst machen würde. Das würde ich aber nicht überbewerten, denn erstens, denke ich, ist das ganz normal und zweitens ist die heutige Zeit eine ganz andere, als Sie damals war, in unserer Kindheit. Aber in einem sind sich glaube ich alle Eltern einig: Wir wollen toll erzogene, selbständige Kinder mit Selbstbewusstsein, Mut und gutem Selbstwertgefühl. Und ich glaube nicht, dass wir das erreichen mit strengen Regeln, Strafen und Kontrolle und ohne Menschlichkeit.

In diesem Sinne eine schöne Restwoche

Viele Grüße
Eure Mamawelt

Verfasst von

Ein Mamablog über das Mama-sein und das wundervolle Leben mit unseren Kindern: bunt und lebendig.

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